Die Vision ist noch intakt: «The Circle» geht langsam in den Endspurt

Wie für jeden Wirtschaftszweig ist die Covid-19-Pandemie auch für den Immobilienmarkt eine besondere Herausforderung. Im Segment der Büro- und Verkaufsflächen werden die Spuren der Krise deutlicher ausfallen als bei den Wohnrenditeliegenschaften. Wie wirkt sich diese Situation auf den Gebäudekomplex «The Circle» am Zürcher Flughafen aus? IAZI-Quarterly hat sich dort umgesehen.

Es gibt in diesem Frühling kein besseres Sinnbild für den langsameren Rhythmus der Schweizer Wirtschaft als den Flughafen Zürich. Wo sonst Reisende ihrem Abfluggate entgegeneilen, herrscht gähnende Leere. Auch der grosse Busparkplatz vor dem Flughafengebäude, wo die Trams nach Zürich abfahren, wirkt verwaist. Allerdings ist das Auge des Betrachters sofort von etwas anderem in Beschlag genommen. Die 84’000 Quadratmeter Glasfassaden, die sich dank spezieller Statik über die Autostrasse lehnen, gehören zum Dienstleistungszentrum «The Circle».

Nicht zuletzt dank den Medien strotzt das Megaprojekt «The Circle» seit 2012, als die Flughafen-Gemeinde Kloten ihre Baubewilligung erteilte, mit Superlativen. Das gegen die Terminals hin gläserne Amphitheater mit sechs Gebäuden, die bis zu 11 Stockwerke umfassen, soll nach der Eröffnung zwei Hyatt Hotels, ein Kongresszentrum, 70’000 m2 Bürofläche, ein Gesundheitszentrum sowie ein Modul «Brands & Dialogue» beherbergen. Letzteres dient verschiedenen Detailhändlern als «Showroom» für ihre Produkte, ohne dass dabei der primäre Warenverkauf im Vordergrund steht. Die Besucher können nach Fertigstellung des Projektes auf einer Fläche von einigen Fussballfeldern arbeiten, einkaufen, essen, Sport treiben und sich medizinisch behandeln lassen.

Grosse Eröffnung verschiebt sich durch die Pandemie

Diese Version der schönen neuen Welt ist nach wie vor intakt. «Wir befinden uns am Flughafen Zürich am besterschlossensten Ort der Schweiz. Aus unserer Sicht wird das neue Zentrum die Attraktivität Zürichs zukunftweisend prägen», sagt Stefan Feldmann, Head of «The Circle» von der Flughafen Zürich AG. Allerdings: Diese Vision materialisiert sich nicht so pünktlich wie anfangs vorgesehen. Und nicht erst, seit ein neuer Virus die Welt, wie wir sie kennen, auf den Kopf stellt. Die Eröffnung des Zentrums war für diesen Herbst vorgesehen, nun wird der offizielle Festakt wahrscheinlich nächsten Frühling stattfinden. Die Mitarbeitenden von einem der Hauptmieter, der Flughafen Zürich AG, haben bereits ihre Arbeitsplätze in «The Circle» bezogen. Das «USZ Flughafen», ein neuer Ableger des Universitätsspitals Zürich, wird voraussichtlich Anfang Oktober seine Tore dem Publikum öffnen. «Weitere Nutzungen wie eines der beiden Hotels, das Konferenzzentrum, Retail und Gastronomie folgen wahrscheinlich im November 2020», sagt Stefan Feldmann.

Entscheidungsfindungsprozesse sind langsam

Grösstenteils sind alle Büroflächen, die sich auf die sechs Häuser des Komplexes verteilen, bereits vermietet. Noch zur Miete ausgeschrieben sind rund 8’000 m2 Fläche. Das sind noch rund 10 Prozent der Gesamtbürofläche von «The Circle». SPG Intercity Zurich AG hat Flächen ab rund 300 m2 Bürofläche auf der Website aufgeschaltet: «Während des Lockdowns ist der Informations- und Kommunikationsbedarf auf allen Seiten dramatisch angestiegen», sagt Robert Hauri, Co-Owner und CEO von SPG Intercity Zurich AG. Die Verunsicherung sei auf allen Seiten hoch gewesen. «Der Druck auf uns Büroflächen-Vermarkter hat in dieser Phase eher zugenommen.» Robert Hauri hat zwar von einigen Kunden gehört, die ihren Flächenbedarf leicht verändert haben, doch grundsätzlich hat der Immobilienfachmann mit beinah 30 Jahren Berufserfahrung keine «grundsätzlichen und drastischen Veränderungen» festgestellt. «Auch während der Corona-Situation haben wir An- und Vermietungsprojekte abgeschlossen.» Die Entscheidungsfindungsprozesse sind laut Robert Hauri in der Immobilienwirtschaft verhältnismässig langsam, aber sicher auf Langfristigkeit ausgelegt. Typischerweise verändere sich die Situation nicht schlagartig. «Wir gehen davon aus, dass sich ‚gute Objekte‘ an ‚guten Lagen‘ auch in der aktuellen Situation behaupten werden», sagt Hauri. Von Mietpreisrückgängen auf breiter Front gehe er nicht aus. Fairerweise müsse man aber wohl schon davon ausgehen, dass es für die Vermarktung von Objekten an Lagen, an denen es schon vor der Corona-Krise schwierig war, Mieter zu gewinnen, wohl in den nächsten Monaten nicht einfacher werden wird.

Dort wo Besucher einst auf einer weitläufigen Piazza flanieren werden, kreisen noch die Bagger. Bereits vor der Corona-Krise hat es einen Angebotsüberhang bei Verkaufsflächen gegeben, da sich der stationäre Detailhandel in einer tiefen strukturellen Krise befindet. Der Lockdown hat die Attraktivität des Online-Handels noch verstärkt. Eingemietet in «The Circle» sind bereits die Kaufhausketten Globus und Jelmoli mit einem Flagship-Store. Derweil lässt sich die luxuriöse Innenausstattung des „Hyatt Regency Zurich Airport The Circle“ auf der noch provisorischen Website bestaunen. Reservierungen sind bereits ab dem 1. Dezember möglich.

Corona-bedingte Mietertragseinbussen

Die Immobiliengesellschaft Mobimo Holding erwirtschaftet etwas über 20% des Mietertrags mit vom Lockdown betroffenen Nutzungsarten wie Detailhandel, Hotel und Gastronomie. Insbesondere der Bereich Hotel und Gastronomie sind laut einer Medienmitteilung von Anfang Juni stark betroffen. Sie machen 10% der Mieteinnahmen des Anlageportfolios aus. Mobimo arbeitet seit Mitte März mit der Mieterschaft an tragfähigen Unterstützungsmassnahmen. Dazu gehört ein zweimonatiger Mieterlass für Geschäftsmieter mit einem Nettomietzins unter CHF 5‘000.–. Parallel laufen mit vielen Mietern grösserer Flächen Gespräche, die zu einer «Vereinbarung auf individueller Basis führen werden». Insgesamt beziffert Mobimo die durch Corona verursachten Mietertragseinbussen auf einen Millionenbeitrag im «oberen einstelligen Bereich». Bis das sich in der Vernehmlassung befindliche Covid-19-Geschäftsmietegesetz denn mal in Kraft tritt, werden etliche Mieter und Vermieter am Verhandlungstisch ähnliche Vereinbarungen treffen.

Stefan Feldmann hat die offiziellen Eröffnungsfeierlichkeiten auf den Frühling 2021 angekündigt. «Wir sind überzeugt, dass der Circle ein Leuchtturm-Projekt mit grosser Strahlkraft wird. Wir sind aber auch realistisch. Jedes neue Zentrum braucht seine Zeit, sich zu entfalten. Dies wird beim Circle nicht anders sein.» Ähnlich optimistisch-pragmatisch sehen viele Marktbeobachter den Immobilienmarkt. Es gibt zwar Schwierigkeiten und einige Segmente sind härter getroffen von den wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns als andere. Doch gleichzeitig hat diese Krise viele Immobilienakteure mit einer «Packen-wir-es-an-Mentalität» ausgestattet. Unternehmen ist es gelungen, sich sehr schnell auf völlig neue Strukturen im Arbeits- und Geschäftsleben umzustellen. «The Circle» wird ein Gradmesser bleiben dafür, wie lange es noch dauern wird, bis der Immobilienmarkt zu seiner Stärke zurückkehrt, wie wir sie vor der Lockdown-Phase erlebt haben.

Michel Benedetti
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